Ein Diskussionsbeitrag von DR. PETER BEHNEN
Im April 2013 hat sich eine sogenannte „Alternative für Deutschland“ (AFD) gegründet. Ihr Ziel besteht vorwiegend darin, eine Auflösung des Euro-Währungsgebietes zu erreichen und damit die Wiedereinführung nationaler Währungen. Diese Zielsetzung vertraten bisher im Wesentlichen konservative Wissenschaftler, vor allem Wirtschaftswissenschaftler, und verschiedene Politiker aus dem rechten politischen Spektrum. Bemerkenswert ist allerdings, dass Meinungsumfragen, u. a. des Allensbach-Institutes, ergaben, dass sich über 10 Prozent der Wahlbevölkerung die Wahl einer Partei wie der AFD vorstellen könnten.
Im Gegensatz zu der obigen Position tritt der Entwurf des Wahlprogramms der Linkspartei dafür ein, am Eurosystem festzuhalten und seine Konstruktionsfehler zu beseitigen. Es komme darauf an, die Währungsunion vom Kopf auf die Füße zu stellen und wirtschaftliche, politische und soziale Ungleichheiten in Europa zu bekämpfen. In dieser Situation eröffnete Oskar Lafontaine überraschend, und am Wahlprogramm der Linkspartei vorbei, eine neue Diskussion. Da es nicht gelungen sei, die Wirtschaftspolitik der Euroländer zu vereinheitlichen, müsse man die einheitliche Währung aufgeben und wieder ein Währungssystem schaffen, das kontrollierte Aufwertungen und Abwertungen der beteiligten Währungen ermögliche. Ebenso wie Oskar Lafontaine stellt auch Sahra Wagenknecht fest, dass den Menschen in den Krisenländern nicht länger die Diktate anderer Euroländer zugemutet werden könnten. Auch sie plädiert für einen Politikwechsel mit einem Ausstieg aus dem Euro.
Festzuhalten ist allerdings, dass die politische Linke insgesamt seit gerau-mer Zeit einen Politikwechsel fordert. Es hat sich inzwischen deutlich ge-zeigt, dass die neoliberale Rosskur mit der Absenkung der Lohnkosten und der Deregulierung der Arbeitsmärkte sowie der soziale Kahlschlag keinen Ausweg aus der wirtschaftlichen Abwärtsspirale erbringt sondern genau das Gegenteil hervorruft. Insoweit ist es mehr als erstaunlich, dass Lafontaine u. a. nicht diese Austeritätspolitik angreifen sondern gleich das Kind mit dem Bade ausschütten und den Euro abschaffen wollen. Es müsste eigentlich einem Mitglied der politischen Linken klar sein, dass weder die
„interne Abwertung“der herrschenden Politik noch die äußere Abwertung durch Wechselkurse einen wirklichen Ausweg bieten. Die Position Lafontaines, Wagenknechts, Flassbecks und anderen ist viel zu kurz gedacht, es
wird kein wirtschaftlicher Ausgleich zwischen den Euroländern erreicht. Ausgleich bedeutet, dass die Leistungsbilanzüberschüsse bzw. Leistungsbi-lanzdefizite zwischen den Ländern auf Dauer durch eine gemeinsame Politik eingeebnet werden müssen. Das heißt auch und gerade, dass Länder mit einer starken Position, wie zum Beispiel die Bundesrepublik, durch eine Binnenmarktpolitik einen wesentlichen Beitrag leisten müssen. Wenn man den Euro kollabieren lassen würde, würde eine unkontrollierbare Situation entstehen, die in einer deflationären Spirale enden könnte. Es käme zu weiteren Bank- und Staatsbankrotten, das würde das Finanzsystem nicht überleben mit allen Folgen für den reproduktiven Sektor und letztlich auch für die politische Demokratie. Die Fehlkonstruktion des Eurosystems, die darin besteht, dass ganz unterschiedliche Volkswirtschaften eine gemeinsame Währung übergestülpt bekamen, beseitigt man nicht dadurch, indem man den Euro wieder abschafft. Es kann nur einen gemeinsamen Ausweg für die Euroländer geben: es ist eine Reform notwendig, die neben einer gemein-samen Währungspolitik auch zu einer gemeinsamen Fiskalpolitik auf Ba-sis einer gerechten Einkommens- und Vermögensverteilung und schließlich auch zu einer öffentlichen europäischen Investitionspolitik führt. Eine europäische Sozialpolitik hat die um sich greifende Armut anzugehen und den Menschen neue Entwicklungschancen zu eröffnen. Wenn dieser Weg nicht gegangen wird, trägt man zur Stärkung nationalistischer Kräfte bei und gefährdet Europa als Friedensprojekt. Dieser Weg ist allerdings mit vielen politischen Schwierigkeiten verbunden und erfordert Durchhaltevermögen und die Bereitschaft, einfache Patentlösungen zu kritisieren und wirkliche Alternativen aufzuzeigen.