von Dr.Peter Behnen
Axel Troost, der finanzpolitische Sprecher der Linkspartei im Bundestag, fand deutliche Worte: Die Linke hat eine massive Niederlage eingefahren und sie kann nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Er dringt darauf, dass eine breite parteiinterne Debatte und Entscheidungsfindung über den zukünftigen Kurs der Partei stattzufinden habe. Auch der linke Flügel der Partei findet es deswegen nicht akzeptabel, wenn Sahra Wagenknecht im Alleingang vor die Presse tritt und einen neuen Kurs in der Flüchtlingspolitik propagiert. Axel Troost sieht in diesem Verhalten eine Verletzung der innerparteilicher Demokratie. Sahra Wagenknecht vertritt die Auffassung, die Hauptverantwortung für das Erstarken der AFD trage Angela Merkel mit ihrer Flüchtlingspolitik. Die Linkspartei habe sich für diese Politik „mitverhaften“ lassen und habe deswegen die Wahl vor allem gegen die AFD verloren. Wagenknecht blendet dabei völlig aus, dass durch viele Studien nachgewiesen wurde, dass schon seit Jahren eine fremdenfeindliche Entwicklung stattfindet und dass das vor allem mit sozialen Ängsten der unteren Mittelklasse zu tun hat. Der Finanzkapitalismus hat prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse hervorgerufen, die nun von der Flüchtlingsbewegung überdeckt werden. Alexander Fischer, der Regierungssprecher der Linken in Thüringen, stellt fest: „ Ja, Die Linke hat Stimmen an die AFD in einer schmerzhaften Größenordnung verloren. Aber in keinem der drei Länder hätte sich die Bilanz der Linken ohne Verluste an die AFD entscheidend verändert, geschweige denn die Arithmetik denkbarer Koalitionen.“ (1) Axel Troost zu den Äußerungen Sahra Wagenknechts: „ Die These, dass sich die Linkspartei bei der Bundeskanzlerin untergehakt habe und daher von den WählerInnen für den berechtigten Unmut über die Bundesregierung mitverhaftet worden sei, halte ich für völlig unbegründet.“ (2) Axel Troost teilt die von Sahra Wagenknecht, und auch von Oskar Lafontaine, ins Spiel gebrachte Neuausrichtung der Flüchtlingspolitik, wo es auch um Obergrenzen und Kontingente geht, überhaupt nicht. Er spricht sich aus gutem Grund für eine europäische Lösung der Flüchtlingsfrage aus. Das unterstellt eine umgehende Unterstützung für Griechenland und auch ein Kooperationsabkommen mit der Türkei. Das dürfe kein Blanko-Scheck für ein autoritäres Regime sondern müsse eine Kooperation in einigen wichtigen Punkten mit sehr genauen Regelungen im Sinne der Flüchtlinge sein. Flüchtlingspolitik müsse vorwiegend in der Krisenregion stattfinden, wo die dort tätigen Akteure, zum Beispiel die UNHCR, die UNICEF und das Rote Kreuz, massiv zu unterstützen seien. Axel Troost fordert deswegen eine Strategie, die nicht aus Schnellschüssen und eine Bedienung von Ängsten bestehen dürfe. Das ist, aus meiner Sicht, auch eine Politik gegen die AFD. Will die Linke aus ihrem Tal hinauskommen, kann nicht die AFD der zentrale Bezugspunkt linker Politik sein, sondern es müssen vor allem auch neue Wählerschichten erschlossen werden. Das Forum Demokratischer Sozialismus hat inzwischen eine sehr gute Wahlanalyse vorgelegt und Vorschläge gemacht, welche Wählerschichten zu einer Mobilisierung der Linken beitragen können. (3)
1. Es geht darum, die Spaltung zwischen Stadt- und Landergebnissen und zwischen erfolgreichen und weniger erfolgreichen Landesverbänden zu überwinden.
2. Es kommt darauf an, längerfristig in kommunalen Parlamenten vertreten zu sein.
3. Die Partei muss auf der einen Seite Wähler mittleren Alters, die unter prekären Verhältnissen leben, halten und junge Wähler mit höherer Qualifikation stärker an sich binden.
4. Es muss die solidarische Position gegenüber Flüchtlingen gehalten werden. Das hat im Saldo auch einen Stimmenzuwachs erbracht.
5. Der Wähleranteil in Gewerkschaften und bei Arbeitslosen ist weiter auszubauen.
6. Der Wähleranteil bei Angestellten und digital orientierten Wählern kann erweitert werden, wenn starke Positionen für soziale Gerechtigkeit, Netzpolitik und Bürgerrechten vertreten werden.
7. Protestwähler sind häufig unsichere Wähler. Deswegen geht es darum besonders auf Wählerschichten zu orientieren, die sich langfristig an die Partei binden lassen.
Es ist somit eine sehr differenzierte Politik zu verfolgen, ohne die AFD als zentralen Orientierungspunkt im Auge zu haben, wie es offensichtlich von Sahra Wagenknecht und auch Oskar Lafontaine vorgeschlagen wird. Nur dann wird es der Linken gelingen aus ihrem Tal hinauszukommen und auch in Baden-Württemberg zu einem Machtfaktor zu werden.
(1)Alexander Fischer, Um wen wir kämpfen müssen, aus www.fließtexte.de/category/allgemein.
(2) Axel Troost aus Sozialismus aktuell vom 20.3.16
(3) Forum Demokratischer Sozialismus, Wahlauswertung Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg und Beitrag zur Stategiedebatte.