Äußerung auf Konferenz: Veränderung durch Argumente, nicht Gewalt

Viele Postings in den sozialen Netzwerken und einige Medien greifen derzeit einen Ausschnitt des Livestreams der Strategiekonferenz des Bundesverbandes von DIE LINKE auf, bei dem zu hören ist, wie eine Person davon spricht, dass die Energiewende auch »nach einer Revolution« und wenn »das ein Prozent der Reichen erschossen« wäre, Thema sei.

DIE LINKE verurteilt diese Äußerung in Breisgau-Hochschwarzwald und auch im Bund.

Fragen und Antworten

Will DIE LINKE „Reiche erschießen“?

Nein, selbstverständlich nicht. DIE LINKE ist eine demokratische Partei und wir wollen Veränderung durch Argumente und Überzeugung erreichen – niemals mit (Waffen-)Gewalt. Wer das anders sieht, verstößt gegen unsere Grundsätze und unser Programm und kann niemals in unserer Partei bleiben.

Aber davon hat doch „eine Politikerin“ gesprochen!

Besagte „Politikerin“ ist tatsächlich ein Mitglied unserer Partei (> 60.000 Mitglieder), jedoch ohne Amt oder Funktion. Sie hat auf einer Konferenz mit über 400 Personen anderthalb Minuten das Wort ergriffen. Nach dem, was wir von der Debatte wissen, wollte die Person nach eigener Angabe in einer (zweifelsfrei völlig unangemessenen) Zuspitzung sagen, dass die Frage der Energiewende sich selbst in Falle von noch so drastischen, unwahrscheinlichen und auch nicht anzustrebenden Ereignissen  stelle. Für ein solches Ereignis hat sie das fiktive sprachliche Bild einer gewaltsamen »Revolution« inklusive Toter gewählt. Dieses Bild lehnen wir klar ab.

Ist das keine Relativierung?

Wir halten die getroffene Aussage nicht nur für dumm und falsch, sondern auch für gänzlich inakzeptabel. Unabhängig von dem, was die Rednerin sagen wollte ist klar, was sie gesagt hat. Diese Äußerung zu verurteilen ist für uns ehrliche Selbstverständlichkeit. Gleichzeitig halten wir es für richtig, zu erwähnen, in welchem Kontext die Aussage stand. An unserer scharfen Verurteilung ändert das nichts.

Wie hat der anwesende Co-Parteivorsitzende reagiert?

Bernd Riexinger saß noch auf der Bühne und äußerte direkt im Anschluss, dass natürlich niemand erschossen werde, sondern Super-Reiche „für nützliche Arbeit“ eingesetzt werden sollen. Letztgenannter Teil der Aussage entspricht dem Versuch, die ursprüngliche Aussage mit einer ironischen Aussage zu verneinen. Doch auch diese Wortwahl ist vor dem Hintergrund von Haft, Lagern und Zwangsarbeit im Stalinismus gleichfalls unangemessen. DIE LINKE ist gegen Zwangsarbeit. Bernd Riexinger hat auf Twitter reagiert und schrieb:

„Zur Klarstellung: Auch wenn der Kommentar einer Teilnehmerin auf der Strategiekonferenz nun völlig aus dem Kontext gerissen wird, er war und ist inakzeptabel. Ich bedauere, dass ich ihn nicht sofort unmissverständlich zurückgewiesen habe.“

Wann distanziert sich DIE LINKE davon?

Wir distanzieren uns beispielsweise hier und in aller Deutlichkeit. Auch andere Mitglieder unserer Partei haben sich entsprechend geäußert. So schrieb bspw. Benjamin-Immanuel Hoff, Minister aus Thüringen:

„Ob aus dem Kontext gerissen oder nicht – DIE LINKE muss stets bewusst sein, dass im Namen des Sozialismus nicht nur der Große Terror Stalins sondern auch andere Verbrechen stattgefunden haben, die nicht relativiert werden dürfen. Dies anzuerkennen und daraus Schlussfolgerungen für unser Handeln zu ziehen, unterscheidet uns als demokratische Sozialistinnen und Sozialisten von denen, die auch heute noch meinen, dass der Zweck des höheren Ziels die Mittel heiligt.“http://gleft.de/3Ah

Auch uns ist es gerade vor dem Hintergrund auch unserer Geschichte und der Verbrechen und Gewalt, die im Namen des Sozialismus begangen worden sind, wichtig zu sagen, dass auch hier die Devise „Nie wieder!“ gilt. Bereits zu Beginn der Gründungsphase der PDS hat Michael Schumann in seiner Rede „Wir brechen unwiderruflich mit dem Stalinismus als System“ erklärt:

„Uns erwächst daraus eine hohe moralische und politische Verpflichtung. [..] Wenn wir den Stalinismus dauerhaft überwinden wollen, so dürfen wir nicht nur die Tatbestände benennen, wir haben vor allem nach den Ursachen zu fragen, Ursachen, die nicht nur zur Fortexistenz, sondern in jüngster Zeit auch zu besonders abstoßenden Auswüchsen stalinistischer Herrschaft geführt haben.“http://gleft.de/3Ag

Zu diesen Ursachen zählt für uns auch eine Sprache, die Gewalt als Mittel zum Zweck versucht heilig zu sprechen oder verharmlosend darstellt. Das ist aus unserer Sicht in dem benannten Fall passiert und wird von uns klar abgelehnt.

Warum hat DIE LINKE solche Mitglieder?

Das macht besagte Äußerung nicht besser, aber zur Wahrheit gehört: Auch unsere Partei besteht wie andere Parteien nicht nur aus den Menschen, die man aus Fernsehen oder Radio kennt. Die meisten Mitglieder unserer Partei sind irgendwann einzeln eingetreten – eine „Prüfung“ gibt es, auch wegen der Geschichte unserer Vorgängerparteien, nicht. Die übergroße Mehrheit unserer Mitglieder ist ehrenamtlich aktiv für soziale Gerechtigkeit und eine friedliche Welt – und bezahlt dafür auch noch Mitgliedsbeitrag. Allerdings gab es auch schon in der Vergangenheit immer wieder Fälle, in denen Mitglieder mit Äußerungen, die weder zu den Grundsätzen noch zum Programm unserer Partei passen, negativ auf sich (und uns) aufmerksam gemacht haben. Auch wenn das sicher niemand gerne hört: Das wird es bei allen Bemühungen wohl auch in Zukunft geben. In drastischen Fällen ist dann ein Parteiausschluss die Folge – der freilich jedoch immer erst erfolgen kann, wenn das Fehlverhalten bereits passiert ist. Oder um es mit Gregor Gysi zu sagen: Jede Partei hat ihre paar Prozent Irre. Das kann eine Partei auf Grund der Art und Weise, wie Eintritte stattfinden, auch kaum ändern. Die Verantwortung von uns ist es, dass diese Mitglieder nicht in Amt oder Funktion kommen bzw. bei menschenfeindlichen Aussagen jedweder Art die Partei verlassen müssen.

Hat sich die Frau, die die Äußerung getätigt hat, selbst entschuldigt?

Ja, sie sagt:

„Ich entschuldige mich für diese Aussage, die ich in der Aufregung und Gedankenlosigkeit gemacht habe. Sie widerspricht völlig meinen politischen Ansichten, ich verabscheue Gewalt gegen Menschen.“