JEAN-CLAUDE JUNCKERS MARSHALL-PLAN ?

von Dr.Peter Behnen

 

Die EU-Kommission beabsichtigt, in den nächsten drei Jahren über vornehmlich privates Kapital 315 Mrd. Euro zu investieren. Der Plan sieht folgendermaßen aus:

1. Es soll ein Fonds für Strategische Investi-tionen(EFSI)eingerichtet werden, der ein Volumen von 21 Mrd. Euro umfasst. Es sollen zusätzlich mit wei-teren Krediten und Einlagen innerhalb von drei Jahren insgesamt 63 Mrd. Euro zusammenkommen. Außerdem hofft man auf diese Weise fünfmal so große private Inves-titionen freizusetzen.

2. Es soll sichergestellt werden, dass die Inves-titionen dorthin fließen, wo sie am dringendsten gebraucht werden.

3. Mithilfe eines besonderen Zeitplans soll Europa für Investitionen attraktiv gemacht werden.

Auf den ersten Blick erstaunt das Programm, nachdem die Wirtschaft vieler Euro-Staaten durch Kürzungs-programme ruiniert worden ist. Die Frage ist somit, wie Kommissionspräsident Juncker den Sinneswandel begründet?
Jean-Claude Juncker sieht die EU in einer Investi-tionsfalle, weil die Investoren Glaubwürdigkeit vermissten und es an Zuversicht und Vertrauen fehle. Er registriert, dass trotz enormer Liquidität auf den Geldmärkten die Konjunktur nicht in Schwung komme. Man brauche keine neuen Schulden sondern mehr Inves-titionen. Insoweit ist die Investitionsinitiative der EU durch die hartnäckige ökonomische Stagnation bedingt.
Trotz dieser Initiative fehlt es an der Einsicht großer Teile der politischen Eliten in Europa, wo die die eigentlichen Ursachen für die augenblickliche Lage zu suchen sind.
1. Eine wesentliche Ursache für die „Investitions-unlust“ der Unternehmen liegt in der unzureichenden Entwicklung der Nachfrage von Unternehmen und Konsu-menten. Das wiederum geht auf die harte Sparpolitik der Euro-Staaten und den Abbau der Schulden bei Un-ternehmen und Haushalten zurück.
2. Die Politik der Europäischen Zentralbank ist am Ende ihrer Weisheit angelangt. Der Ankauf von Wert-papieren und die Nullzinspolitik werden an der stag-nativen Wirtschaftsentwicklung nichts ändern. Die neue Liquidität fließt nur geringfügig in die Real-wirtschaft (Industrie, Handel und Dienstleistungen) hauptsächlich jedoch in die Finanz- und Immobilien-märkte. Das führt dort zu boomenden Kursen bzw.Prei-sen bei einer insgesamt stagnativen Grundtendenz der Wirtschaft.
3. Die große Asymmetrie in der Einkommens- und Vermögensverteilung wirkt zurück auf die gesamt-gesellschaftliche Nachfrage. Ihre unzureichende Entwicklung verschärft die Krisenkonstellation, sowohl national als auch international. Es droht ein Abwertungswettlauf im internationalen Wirtschafts-verkehr.

Die Konsequenz muss sein, über die Investitionen den Konsum wieder auf Touren zu bringen. Das geht nur durch Eingriffe in die Einkommens- und Vermögens-verteilung und eine Steuerpolitik zu Lasten von Besserverdienenden und Vermögenden. Davon hört man bei Jean-Claude Juncker aber nichts, der weiterhin an der verfehlten Sparpolitik festhalten will. Er muss sich zu Recht vorhalten lassen, dass seine program-mierte Freisetzung von privatem Kapital illusorisch ist und ohne eine aktive Wirtschaftspolitik des Staa-tes auf Basis einer erweiterten Steuerbasis kein Investitionsschub zu erreichen ist. Im Gegensatz dazu hat der DGB schon seit einiger Zeit einen „Marshall-Plan für Europa“ vorgeschlagen, bei dem über einen Zeitraum von 10 Jahren jährlich zusätzliche Investi-tionen von 260 Mrd. Euro getätigt werden müssten. Insoweit ist der Junker-Plan nur ein kleiner Schritt, um aus der Stagnation der Wirtschaftsentwicklung herauszukommen. Zu einer wirklichen Wende in Europa bedarf es eines Abrückens von der Sparpolitik und es bedarf deutlicher Korrekturen in der Verteilungs-politik. Diese Wende muss in die Verwirklichung des Ziels einer grundlegenden sozial-ökologischen Trans-formation der europäischen Gesellschaften eingebaut sein.