Globale Ökonomie, die Eurozone und internationale Konflikte.

von Dr.Peter Behnen

 

Es kann im Jahre 2014 international nicht von einem Konjunkturaufschwung ausgegangen werden. Das lässt sich sehr gut zeigen, wenn die ökonomische Entwicklung der wichtigsten kapitalistischen Länder durchgegangen wird. Für das Wachstum der USA ist festzustellen, dass es gegenwärtig sehr schleppend verläuft. Der Internationale Währungsfonds (IWF) beispielsweise geht davon aus, dass für die USA 2014 nur ein Wachstum von 1,7 Prozent zu erwarten ist. Für Japan zeigen die jüngsten Daten, dass die drastische Abwertung des Yen dazu führt, dass das Außenhandelsdefizit Japans immer größer wird, weil die Importe, insbesondere die Energieimporte, teurer werden und auch das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts keinen Schwung bekommt. Im Gegenteil, es ist hier mit einem Einbruch zu rechnen. Die Eurozone ist nach Ansicht des IWF in ihrem Kampf gegen die Krise kaum vorangekommen. Die wirtschaftliche Leistung ist unter dem Vorkrisenniveau, die Arbeitslosigkeit ist hoch, in den 18 Eurostaaten sind über 18 Millionen Menschen ohne Arbeit. Es gibt eine große Spannweite in den Arbeitslosenquoten, sie reicht von 4,7 Prozent in Österreich bis 25,1 Prozent in Spanien.
Insgesamt bleiben gerade wegen der Sparpolitik große Ungleichgewichte in Europa. Sogar der IWF fordert eine Stärkung der gesellschaftlichen Nachfrage, ebenso wie Frankreich und Italien. Der öffentliche Schuldenstand in der EU und der Eurozone nahm weiter zu, die Spitzenreiter sind Griechenland, Italien, Portugal, Zypern und Belgien. Die beiden zentralen Problemländer für die Stabilität der Währungsunion sind inzwischen Italien und Frankreich. In Italien ist es dem Ministerpräsidenten Matteo Renzi nicht gelungen, neue Fiskalregeln in Europa durchzusetzen, die mit zusätzlichem Kapital in Italien zu mehr Investitionen führen könnten. Die Regierung in Frankreich steht vor einem Scherbenhaufen, die Arbeitslosigkeit umfasst 5,2 Mio. Ganz- oder Teilarbeitslose, bei einer Jugendarbeitslosigkeit von fast 24 Prozent.

Die Europäische Zentralbank (EZB) als Rettungsanker?

Die Sparpolitik der wirtschaftlichen Elite in Europa hat dazu geführt, dass die EZB durch ihre Niedrigzinspolitik und die Bereitschaft, von Krisenländern unbegrenzt Staatsanleihen zu kaufen, als letzter Rettungsanker angesehen wird. Es mehren sich jedoch inzwischen die Zweifel, ob die Zurückhaltung bei der Kreditvergabe durch private Banken nur aus ihrer Angst vor Kreditverlusten zu erklären ist. Es ist deutlich geworden, dass viele Bürger und auch Unternehmen keine Kredite wollen, weil sie ihre Schulden zuerst zurückzahlen wollen. Das hat zur Folge, dass der Versuch der EZB, Mittelständler zur Kreditaufnahme zwecks Geschäftserweiterung zu bewegen, ins Leere laufen muss. Weshalb sollten sie das tun, wenn die gesellschaftliche Nachfrage fehlt?
Trotzdem hält die EZB an ihrer Politik fest. Sie bezeichnet es als ihre
„ größte Sorge“, dass die Stagnation in Europa anhält und sich die hohe Arbeitslosigkeit festsetzt. Die EZB sieht zwar noch keinen steigenden Deflationsdruck, es ist allerdings bemerkenswert, dass sowohl die Bundesbank als auch die EZB in der jetzigen Situation höhere Löhne fordern. Das ist das Eingeständnis, dass die Zentralbanken mit ihrem Latein am Ende sind. Sie schwenken auf eine Nachfragepolitik um, die Gewerkschaften und die Linke schon lange gefordert haben. Diese Kehrtwende ist sicher lobenswert, aber die Appelle an Gewerkschaften helfen nicht weiter, wenn keine Initiativen gegen die Befristung von Arbeitsverträgen, Leiharbeit, Werkverträge und Minijobs unternommen werden. Nur so werden Rahmenbedingungen geschaffen, die es den Gewerkschaften ermöglichen, höhere Löhne auch wirklich durchzusetzen.
Die EZB sieht derzeit keine Blasenbildung an den Immobilien- und Aktienmärkten. Sie schließt aber auch nicht aus, dass das geschehen könnte, wenn die zusätzlichen Kredite ausschließlich in den Kauf von Immobilien und Wertpapieren fließen und nicht in die Investitionen der Unternehmen zur Ausweitung der gesellschaftlichen Produktion. Das Schlüsselproblem liegt also nicht in dem hohen Schuldenniveau oder den Zinsen für die Fremdfinanzierung der Unternehmen sondern in der unzureichenden Nachfrage auf den Warenmärkten. Neben der Nachfrageproblematik liegt eine weitere Ursache für die mangelnde Kreditvergabe an den realen Sektor in der unzureichenden Verarbeitung der Bankenkrise in Europa. Während beispielsweise die US- Finanzinstitute schnell gezwungen wurden ihre Bilanzen zu bereinigen, stecken die europäischen Banken noch mitten in diesem Prozess, der sich negativ auf die Kreditvergabe an Unternehmen auswirkt. Auch hier wird man auf Dauer nur mit einer umfassenden Regulierung des Bankensektors weiterkommen.

Der europäische Außenhandel und internationale Konflikte.

Schwerwiegende Bedrohungen für die wirtschaftliche Dynamik Europas sind auch auf aktuelle Probleme im Außenhandel zurückzuführen. Der Abschuss einer Malaysia –Airlines -Maschine in der Ostukraine hat den Krieg zwischen der ukrainischen Regierung und den pro-russischen Separatisten in der Donezk- Region angeheizt. Die EU ist nun dabei, mit Sanktionen gegen Russland Verwerfungen auf russischen Märkten zu befördern. Die russische Wirtschaftslage ist augenblicklich gekennzeichnet durch eine steigende Inflation, eine wachsende Kapitalflucht, einen Wertverlust des Rubels und sinkende Aktienkurse an der Moskauer Börse. Die russische Wirtschaft wird im Jahre 2014 bestenfalls um 0,5 Prozent wachsen. Rückwirkend werden auch deutsche Exporteure mit zum Teil starken Einbußen zu rechnen haben.
Auch an ihrem südlichen Rand hat die EU mit massiven ökonomischen Instabilitäten, die zum Teil durch kriegerische Konflikte ausgelöst werden, zu kämpfen. Das gilt für Länder wie Syrien, Libyen, Ägypten, Israel und Palästina, aber auch politische Unruhen in der Türkei wirken sich auf die EU-Wirtschaft aus. Diese ökonomischen Instabilitäten werden über zwei Kanäle auf die EU übertragen, das sind der Handel und die Finanzmärkte. Verschiedene Unternehmen haben inzwischen mit der Rücknahme ihrer Geschäftstätigkeit in diesen Regionen reagiert. Neben gravierenden humanitären Problemen entstehen für Länder wie Griechenland und Italien ferner ökonomische Probleme durch die Fluchtbewegungen von Menschen aus dem östlichen und südlichen Mittelmeerraum. Die Migration der Menschen hat zur Folge, dass sich die ökonomische Instabilitäten an den Rändern der EU in den Norden der Gemeinschaft fortpflanzen. Viele Migrantinnen und Migranten setzen ihre Fluchtbewegung in die reicheren Länder der EU im Norden fort. Das wiederum heizt den Erfolg von rechtspopulistischen Parteien und Organisationen an. Wie schon bei der Eurokrise kann eine fortschrittliche linke Antwort auf die Probleme nur lauten: eine Verstärkung der Integrationspolitik in der EU. Die muss in einer Ausweitung der europäischen Wirtschafts- Finanz- und Sozialpolitik bestehen. Es ist an der Zeit, dass aus einer Wettbewerbsunion eine Ausgleichsunion wird. Nur so können auch eine reibungslosere Aufnahme und Integration von Menschen, die auf der Flucht sind, gelingen und rechtspopulistische Strömungen in der Bevölkerung auf Dauer zurückgedrängt werden.