Wirtschaftliche Perspektiven in der Eurozone

Ein Kommentar von Dr. Peter Behnen

Der wirtschaftliche Optimismus ist verflogen. Das gilt zum Einen für die US-Wirtschaft, die erstmals seit drei Jahren im ersten Quartal 2014 wieder geschrumpft ist. Aber auch die Eurozone kommt über ihre Konjunkturschwäche nicht hinweg, hier lag das Wachstum des Bruttoinlandsprodukts im ersten Quartal bei nur 0,2 Prozent. Angesichts dieser Entwicklung entsteht die Frage, wie die geldpolitischen und wirtschaftspolitischen Akteure reagieren werden bzw. reagieren müssten?

Für die Europäische Zentralbank (EZB) ist damit zu rechnen, dass sie ihre Niedrigzinspolitik weiterführen wird. Der EZB-Präsident Draghi stellt fest, dass besonders für Länder wie Portugal und Italien weiter eine Kreditklemme bestehe, die das Wirtschaftswachstum hemme. Zudem könne die niedrige Inflationsrate dazu führen, dass Ausgaben und Investitionen in Erwartung eines Preisverfalls durch Konsumenten und Investoren aufgeschoben würden. Die EZB plädiert dafür, dass die Banken die niedrigen Zinsen dazu nutzen sollten, Kredite vor allem an mittelständische Unternehmen zu vergeben. Es ist allerdings inzwischen deutlich geworden, dass viele Banken gerade das nicht tun. Weitere Investitionen von Unternehmen bzw. eine Kreditvergabe an sie finden nicht statt, obwohl die Kredite billig sind. Wir erleben seit Monaten die Herausbildung einer sogenannten Liquiditätsfalle. Billige Gelder, die die Banken von der EZB erhalten, fließen nicht in Investitionen von Unternehmen und Konsumausgaben von Verbrauchern sondern in den Kauf von Wertpapieren. Finanzmärkte und Börsen boomen, die reale Wirtschaft(Industrie etc.)tritt weiter auf der Stelle. Das hat dazu geführt, dass selbst die EZB die Finanzstabilität in der Eurozone gefährdet sieht und einen neuerlichen Zusammenbruch von Finanzmärkten nicht ausschließt. Deutlicher können die aktuellen Widersprüche nicht ausgesprochen werden, die EZB verlängert ihre Niedrigzinspolitik und warnt zugleich vor einem Crash.

Von Vertretern einer alternativen Wirtschafts-Sozial –und Geldpolitik wird indes schon seit langem darauf hingewiesen, dass die Fehlentwicklung nicht durch die EZB verursacht wurde. Die Grundlage der Fehlentwicklung ist die sogenannte chronische Überakkumulation seit den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Ihr entsprang eine Scherenentwicklung von stagnativer Realökonomie und überreichlichem Anwachsen der Finanzmärkte. Nach dem Crash der Finanzmärkte vor sechs Jahren hat die EZB durch ihre expansive Geldpolitik alles unternommen, um einen weiteren Crash der Märkte zu verhindern. Es wurde ein massiver Schuldenüberhang, öffentlich und privat, zugelassen, den es auf Dauer abzubauen gilt. Um den Schuldenüberhang abzubauen, hätten viele Kredite kontrolliert abgeschrieben werden müssen. Das wäre die Aufgabe der Euroregierungen gewesen, anstatt dessen wurde aber die Lösung des Problems verschleppt. Die überreichliche Geldversorgung überdeckt die faktische Insolvenz vieler Akteure. Es besteht nun die Gefahr, dass der Schuldenabbau unkontrolliert und unsozial verläuft mit der Gefahr eines neuen Crashs. Nur durch eine massive Investitionspolitik der Eurostaaten, u.a. in Infrastruktur und Bildung, finanziert durch eine starke Belastung von Spitzenverdienern und Besserverdienern sowie einen kontrollierten Schuldenabbau wird die chronische Wachstumsschwäche mit Erfolg angegangen werden können. Auf die Dauer wird es allerdings nötig sein, eine strikte Regulierung der Finanzmärkte durchzuführen sowie eine gesellschaftliche Steuerung von Investitionen in der realen Wirtschaft in den Fokus zu nehmen. Das wird zu verbinden sein mit dem Aufbau von wirtschaftsdemokra- tischen Entscheidungsstrukturen.